Ein kleiner, feiner Teil von Getting Things Done, der deutlich weniger bekannt ist als die “Nächste Aktion” oder das “gewünschte Ergebnis/Projekt” ist das Natürliche Planungsmodell (Natural Planning Model, NPM). Das erste Buch von David Allen, Getting Things Done* bzw. Wie ich die Dinge geregelt kriege*, beschreibt das NPM in vollem Umfang. Als Trainer & Coach für die Methode empfinde ich das NPM, zusammen mit der Nächsten Aktion und dem gewünschten Ergebnis als eines der mächtigsten Elemente von GTD – noch vor den Höheren Fokusebenen.

Was ist das Natürliche Planungsmodell?
Das Natürliche Planungsmodell (NPM) ist eine Methodik, mit der Projekte beliebiger Größe besser planen und erfolgreicher durchführen kann. Es ist meine feste Überzeugung, dass es auf dieser Welt weniger Krisenprojekte wie z.B. den Flughafen BER gäbe, wenn das NPM oder eine äquivalente Planungsmethode zum Projektbeginn zum Standardvorgehen gehören würde. Das NPM gibt eine sehr klare Struktur vor, die auch sehr einfach in Gruppen zu moderieren ist. Ich beschreibe im Folgenden eine von der Struktur her leicht angepasste Form der reinen Lehre des NPM, die meiner Erfahrung nach insb. in Gruppen besser funktioniert. Der wesentlichste Grund dafür ist, dass die einzelnen Elemente etwas stärker voneinander getrennt sind. Insbesondere für Menschen, die noch nicht mit dem NPM gearbeitet haben, erhöht das die Nachvollziehbarkeit.
Das Natürliche Planungsmodell: Material/Software
Ich persönlich arbeite analog wie auch digital mit dem Natürlichen Planungsmodell:
- allgemein bietet es sich an, eine relativ flexible Struktur für das Festhalten der erarbeiteten Inhalte zu wählen. Ich nutze daher gerne eine Mindmaps.
- alleine arbeite ich je nach Situation entweder direkt auf einem Stück Papier oder mit einer Mindmapping-Software. Als Mindmapping-Software nutze ich Freemind – die Software ist Open Source und kostenlos und auf allen Betriebssystemen (Win, macOS) verfügbar. Auf Android und iOS nutze ich SimpleMind, da es Freemind-Dateien schreiben und lesen kann.
- in Gruppen arbeite ich n.M. mit einem Flipchart (Präsenzmeeting), alternativ auch mit einer Mindmap.
Ein Template im Freemind-Format stelle ich hier zur Verfügung.
Schritt 1a: Sinn und Zweck
Im Gegensatz zur reinen Lehre teile ich den ersten Schritt gerne in zwei klar getrennte Unterschritte auf. Bevor man überhaupt am konkreten Ziel des zu planenden Projekts arbeitet, wird beim NPM zuerst geklärt, warum das Projekt überhaupt durchgeführt werden soll:
- Was ist die Motivation für das Projekt?
- Was will ich erreichen? Dabei geht es darum, das wirkliche Ziel zu finden, unabhängig von evtl. bereits in den Köpfen existierenden Projektergebnissen.
Wertvoll ist dieser Schritt, weil er den Gedankenhorizont erweitert: wir denken erst einmal außerhalb eines ggf. bereits angedachten Projekts. Wir schaffen so die Möglichkeit , auch ganz andere Möglichkeiten zu finden, um das Ziel zu erreichen, indem die Kreativität weniger eingeschränkt wird.
Schritt 1b: Leitlinien, Prinzipien & Einschränkungen
In diesem Schritt geht es darum, den im Schritt 1a erweiterten Lösungsraum wieder in die Realität zurückzubringen. Dazu klären wir die Regeln, die das zu planende Projekt beachten sollte:
- Was sind die Prinzipien, die wir befolgen sollen oder müssen?
- Gibt es (Firmen-)Werte, die wir beachten wollen oder müssen?
- Gibt es Einschränkungen bzgl. der verfügbaren Ressourcen?
- Sind benötigte Experten nur eingeschränkt verfügbar?
- Gibt es finanzielle oder zeitliche Einschränkungen?
In diesem Schritt stellen wir also sicher, dass das – noch zu definierende – Projekt bereits vor seiner konkreten Ausformulierung berücksichtigt, welche Beschränkungen es haben wird. So stellen wir sicher, dass wir alle Einschränkungen bereits zu Beginn berücksichtigen. Dies ist die Stelle, an der Krisenprojekte vermieden werden können, insbesondere, wenn Fachexperten aller relevanten beteiligten Gewerke einbezogen werden. Die folgenden Punkte bringen den Mehrwert:
- Zielkonflikte zwischen verschiedenen Interessengruppen/Stakeholdern werden schon sehr früh identifiziert. So kann man diese sehr früh angehen bzw. klären. Das geht natürlich nur, wenn sie auch alle bei der Erstellung des NPM direkt oder indirekt beteiligt sind.
- Fachexperten können den Stand der Technik einbringen und technische Zielkonflikte früh identifizieren.
- Ressourcenbeschränkungen kommen bereits zu Beginn auf den Tisch.
Ein weiterer Grund für die Wichtigkeit dieses Schrittes insbesondere in großen bzw. komplexen Projekten ist das sogenannte Magische Dreieck des Projektmanagements, das aus den Elementen Qualität, Zeit und Kosten besteht. Jede Änderung an einer dieser drei Elemente führt zu Änderungen an mindestens einem der anderen beiden. Durch diesen Schritt wird sichergestellt, dass diese Elemente zu Beginn realistisch festgelegt sind.
Schritt 2: das gewünschte Ergebnis/Projekt
Nach diesen wichtigen Vorüberlegungen geht es um die tatsächliche Formulierung des Projekts. Alternativ können wir ein bereits im Raum stehendes Projekt an dieser Stelle des Planungsprozesses noch einmal auf Basis der Erkenntnisse aus den Schritten 1a und 1b prüfen. Wenn das zu einer starken Änderung in der Projektidee führt, ist das etwas sehr gutes. Wenn das passiert, heißt das, dass das neue Projekt bereits an dieser Stelle besser zu Sinn, Zweck und Leitprinzipien passt.
Wie auch bei anderen GTD-Projekten fragen wir uns an dieser Stelle dann, wie das gewünschte Ergebnis des Projekts aussieht. David Allen selbst fragt an dieser Stelle gerne “What makes you dance the happy dance?”, frei übersetzt “Was lässt Dich vor Glück tanzen?”. Wie sieht das konkrete, optimale Ergebnis aus? Woran erkennen wir, dass wir es erreicht haben?
Schritt 3: Brainstorming
In diesem Schritt werden wir kreativ! Es wird nun versucht, alle Themen zu identifizieren, die relevant sind, um das Projekt optimal abzuschließen. Wie immer ist es auch bei diesem Brainstorming wichtig, alle Gedanken zuzulassen – man weiß nie, welche vielleicht auch verrückte Idee ein anderes wichtiges Element zu Tage bringt. Eine unterhaltsame und vor allem die Kreativität fördernde Übung zum Gegenprüfen kann es sein, eine Negativkonferenz durchzuführen. Dabei sammelt man Elemente, die den Projekterfolg verhindern bzw. ein möglichst schlechtes Ergebnis erzeugen – nach dem Brainstorming kehrt man diese Punkte in das positive Äquivalent um.
Schritt 4: Organisieren
Der vorletzte Schritt – jetzt kommen wir in bekannte Gefilde. Wir legen Reihenfolgen und Prioritäten fest, um die Brainstorming-Ergebnisse in eine sinnvolle Struktur zu bringen. An dieser Stelle kann man auch anfangen, klassische Projektmanagement-Werkzeuge zu nutzen:
- mit einem Gantt-Terminplan kann man, vor allem bei komplexeren Projekten, bereits zeitliche Abhängigkeiten übersichtlich und deutlich sichtbar machen. Als Open Source Software empfehle ich hierfür ProjectLibre. ProjectLibre kann für überschaubare Projekte locker mit Microsoft Project mithalten.
- mit einem Projektstrukturplan kann man bereits eine professionelle Projektmanagement-Struktur erstellen. Das ermöglicht zusätzlich, potentielle Lücken in der bisherigen Betrachtung zu finden.
Auch in diesem Schritt ist es besonders wertvoll, alle relevanten Interessensgruppen bzw. fachlichen Gewerke dabei zu haben: so ist es möglich, bereits hier kritische zeitliche oder technische Abhängigkeiten zu identifizieren.
Schritt 5: Nächste Schritte
Nachdem in Schritt 4 die Abhängigkeiten und Prioritäten der einzelnen Elemente innerhalb des Projekts festgelegt wurden, geht es in Schritt 5 wieder um ein GTD-Kernelement: die Nächsten Schritte. Für jedes priorisierte Element aus Schritt 4 wird nun der absolut nächste physische Schritt festgelegt. Bei einem Projekt, bei dem mehrere Personen beteiligt sind ist es natürlich wichtig, festzuhalten, wer für die jede einzelne Nächste Aktion verantwortlich ist. Ebenso macht es bei Bedarf Sinn, die Verantwortlichkeit für Themenbereiche festzulegen.
Das Natürliche Planungsmodell: Beispiel
