Die Teamuhr bewegt mich gerade mal wieder, weil ich mich notgedrungen gerade mehr mit Gruppendynamik auseinandersetze: ich bin gerade in zwei neue Gruppen eingetreten, und die typischen Effekte sind schön zu beobachten. Bisher habe ich daher schon über Prioritäten in Gruppen geschrieben sowie über unterschiedliche Kommunikationsvorlieben und -gewohnheiten. Ich habe die Teamuhr meiner Erinnerung nach in meiner Projektmanagerausbildung im Jahr 2007 kennengelernt.
Gruppe: eine Definition
Bevor wir uns die Teamuhr anschauen können, müssen wir definieren, was eine Gruppe ist. Ich verstehe die Gruppe hier als ein Team, das zusammen etwas erreichen will, bei dem sich alle beteiligten Menschen zuvor nicht gut kannten. Solche Teams entstehen z.B. oft bei ehrenamtlichen Vereinigungen oder im Beruf, wenn Projekte aus verschiedenen Abteilungen besetzt werden.
Die Teamuhr
Im Weiteren beschreibe ich meine Sicht auf das Phasenmodell der „Teamuhr“ nach Bruce Tuckman aus dem Jahr 1965. Ich lehne mich an die ursprüngliche Fassung an, da diese für alle Gruppen passt, im Gegensatz zu den erweiterten Fassungen mit 5 oder 6 Phasen. Die Teamuhr beschreibt, welche Gruppenprozesse ablaufen, wenn sich ein Team neu bildet oder wenn sich die Zusammensetzung ändert, dazu später mehr.

Phase 1: Forming – wer sind die alle?
Forming beschreibt bei der Teamuhr den Zeitraum des ersten Kennenlernens in einer neuen Gruppe, der von Unsicherheit geprägt ist: man verhält sich angepasst, behält stärkere Meinungen eher für sich und hält sich mit Kritik an anderen zurück. Man bildet sich einen Eindruck, erste Sympathien und Abneigungen entstehen, werden aber nicht ausgelebt. Man beobachtet, wer was kann und versucht eine Orientierung bzgl. des eigenen Platzes in der Gruppe zu finden. Wenn es gut läuft, werden erste Regeln festgelegt oder das gemeinsame Ziel wird diskutiert.
Phase 2: Storming – ich glaub, die spinnen!
Beim Storming der Teamuhr brechen insbesondere die Abneigungen zu Tage: man sieht es nicht mehr ein, Dinge zu akzeptieren, die einem nicht passen. Die Geduld ist aufgebraucht, alle Eigenheiten der anderen unkommentiert stehen zu lassen. Es beginnt zwar die Arbeit am gemeinsamen Ziel, durch die Konflikte ist diese aber wenig effizient bzw. nutzt bei weitem nicht das gesamte Potential der Gruppe als Ganzes. Hier finden auch die Machtkämpfe statt, wer welche Rolle im Team einnimmt. Insbesondere die Alphatiere kämpfen um die Führung der Gruppe.
Phase 3: Norming – wir einigen uns!
In dieser Phase der Teamuhr beruhigt sich die Gruppe: es wird klar, wer welche Rolle in der Gruppe einnimmt, die Regeln der Zusammenarbeit sind geklärt und akzeptiert von allen. Die Harmonie steigt, da man sich der unterschiedlichen Stärken und Schwächen bewusst wird und gelernt hat, mit ihnen umzugehen.
Phase 4: Performing – jetzt geht’s ab!
Beim Performing der Teamuhr werden die Stärken des Fortschritts aus der Phase Norming genutzt: jeder macht idealerweise, was er am Besten kann, während man sich and die gemeinsamen Regeln hält und gut abstimmt, um koordinierte Fortschritte in Richtung Ziel zu erreichen. Man hilft sich gegenseitig, und ist offen miteinander. Die Fortschrittsgeschwindigkeit voll beeinflußbarer Teamaufgaben steigt deutlich.
Die Teamuhr – Warum ist die wichtig?
Die Phasen der Teamuhr treten immer und überall in Gruppen auf – sobald man sie kennt, sieht man sie und kann darauf Rücksicht nehmen. Ich bin ein recht ungeduldiger Mensch, der immer alles möglichst schnell und effizient machen will – für mich ist es immer schwierig, die Phase des Formings auszuhalten. Im Norming kann man aber noch nicht effizient miteinander arbeiten, weil die Unsicherheit für die meisten Gruppenmitglieder zu groß ist. Je nach Persönlichkeit der Gruppenmitglieder kann das Forming schnell oder langsam gehen. Wenn alle offen und direkt sind, kann man auch recht fix zum Storming übergehen – wenn viele introvertierte zurückhaltende Menschen dabei sind, dauert es eben länger.
Die Teamuhr läuft und läuft….
Die Teamuhr läuft auch beim gleichen Team immer wieder ab, automatisch und insbesondere durch Impulse von innen oder außen. Ändert sich die Gruppe durch zusätzliche oder wegfallende Mitglieder, beginnt die Uhr sich von neuem zu drehen – in der Regel sind die späteren Umdrehungen aber weniger anstrengend, wenn nicht gerade ein neu hinzugekommenes Mitglied die Führung der Gruppe übernehmen will oder so wahrgenommen wird. Auch die Anpassungsfähigkeit bzw. -willigkeit neuer Gruppenmitglieder beeinflußt, wie anstrengend weitere Umdrehungen sind.
Wie kann man weitere Umdrehungen entspannter machen?
Wie wir oben gesehen haben, ist ein wichtiger Teil des Normings, die Regeln und Rollen für das Team festzulegen. Diese zu dokumentieren und neuen Gruppenmitgliedern in Form eines Onboardings mitzuteilen und idealerweise noch schriftlich zu geben, reduziert die Gefahr einer intensiven weiteren Stormingphase deutlich. Warum? Weil neue Mitglieder sich im Forming an den Regeln orientieren werden und idealerweise beobachten bzw. verstehen können, warum sie existieren und beobachten können, warum wer welche Rolle hat.
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